Odysseische Landschaften
von
Alexander Freiherr von Warsberg + 1889
Erster Band
Das Reich des Alkinoos
Wien, Druck und Verlag von Carl Gerold's Sohn, 1878
G27
104 Erstes Buch Siebentes Kapitel
Überall tanzt man. In den verstecktesten Talrinnen und im abgelegensten Waldwinkel noch fand ich einen Fiedler und Kreise von Tänzerinnen um ihn. Aber der vornehmste [bevorzugteste, meistgebrauchte] Tanzplatz ist und der, welcher auch die meisten Zuschauer immer um sich gesammelt hält, wo die Kuppe des Hügels frei liegt und über den steilen Absturz des Kaps die weite Aussicht gibt gegenüber auf die schwellenden Buchten Albaniens und auf seine dreifach gestuften Gebirgswellen und wenn man sich zurück gewendet, auf die Gärten der Ascensione, auf die Bai [Bucht] von Castrades, deren via marina, [marina, Yachthafen] die Doppelgipfel der Burg, die Häuser von Corfu, den Ausgang in das adriatische Meer, den gewaltigen Bergklotz des Nordendes der Insel, und über all dieses erhöht auf den langen Linienzug und die beiden ihn endenden [begrenzenden] Hörner des Montes San Salvatore. Das ist der Saal, so herrlich und groß, wie ihn kein Fürstenschloß der Welt je hatte und wie ihn nur die Feenmärchen der Kinder aus-malen können.
Die Zuschauer bilden einen weiten Kreis. In der Mitte steht ein Fiedler, der, weil er selbst immer die Bewegungen mitmacht, nie aus dem Takte kommt. Er führt nicht nur die Musik, auch den Tanz. Wir sehen dieses schon als ältesten Brauch der griechischen Tanzkunst ebenso auf allen Vasen-Gemälden [Vasenmalereien] dargestellt. Der Musiker ist in der Regel auch dort Tänzer. Überhaupt an jene alten Darstellungen der Tanzkunst mahnt durchaus Alles, was man bei diesem Volksfeste sieht, besonders die kühnen Sprünge der Männer, die ganz wie aus bacchischen Festzügen entnommen scheinen, während die Frauen mehr, auch wie es dort abgebildet ist, nur geleitete, begleitende Prozessionen formierten.
Man tanzt auf dem bloßen Rasen, Kirchweih auf der Akropole Männer und Frauen gesondert. Man kann sagen, die Männer sind eigentliche Vortänzer. Ihrer sind immer weniger, oft nur drei, nie sah ich mehr denn [als] fünf. Die Frauen ketten sich hinter ihnen zu einem Zuge, den ich bis zu dreißig und vierzig Tänzerinnen anwachsen sah. Drei, vier stehen nebeneinander, bilden die Stirne des Zuges; die anderen, wie sie zuströmen, schließen sich dahinter an. Im Nebeneinander halten sie sich gar nicht, im Hintereinander nur durch bunte seidene Taschen-tücher. Der Zug ist dadurch nirgends gedrängt und immer in feinen Bewegungen, in seinen leisesten Windungen auch schön rund und weich geschlungen. Die Hände halten sie dabei in die Hüften gestemmt. So geht der Tanz vier Schritte vor, zwei langsamere zurück.
Es ist ein immerwährendes Auf und Nieder, Vor und Zurück, ein Anstürmen und Zusammen-fallen, beinahe wie der Wellenschlag nicht sehr heftig bewegter See. Es hat durchaus nichts Berauschendes, nichts Begeisterndes; es ist mehr wie irgend eine der immerwährenden Regungen der Natur. In Wahrheit dauert denn auch der Schritt für unsere Begriffe unendlich lange. Denn dieses geht Stunden so fort, immer vor und zurück, auf demselben verhälnismäßig engen Raume und die Musik dabei stets in demselben Takte mit derselben Melodie. Nie sah ich eine der Tänzerinnen den Vortänzer oder die Umstehenden anschauen. Sie sind wie versenkt in sich selbst mit züchtig und ernst zu Boden geschlagenem Blicke. Niemand lächelt auch nur, auch die Vortänzer nicht.
Es ist völlig wie Kult der sich dort begibt. Schließt sich der Vortänzer an die Kette der Frauen an, so geschieht es durch eines der seidenen Schnupftücher ). Die Hand wird nie gegeben, nie gefaßt. Es hat dieses etwas außerordentlich Züchtiges.
Ich kenne keinen anderen Volkstanz, der sich in gleich anständigen und zierlichen Formen hielte. Nicht einer unter den vielen Frauen war plump. Die Hauptsache des Tanzes liegt in den schmiegsamen, biegsamen Bewegungen des Oberkörpers, der jede Schwenkung des Zuges leise folgend mitmachen muß. Überhaupt der Tanz der Südländer, besonders für die Frauen, ist mehr ein Ruhen der Füße und ein Bewegen des Oberkörpers nur von der Hüfte auf. Den eigentlichen Tanz, was uns nämlich als solches gilt, das Exzessive der Schritte und Füße üben auch auf Corfu nur die Männer. Ihr Tanz wird dann in einzelnen Momenten, wenn dieses Vor und Zurück der Prozession lange gedauert, Alle erwärmt und die immerwährende Musik sie begeistert hat, nicht unähnlich dem Verwegensten, was wir in unseren Balletten sehen. Sprünge, Entrechats folgen und mischen sich und das mit einer Kunstfertigkeit, welche die beste Schule unserer Hoftheater übertrifft. So Tanzten sie schwebend dahin auf der allernährenden Erde, Mit oft wechselnder Stellung; daß man mit Odysseus, dem „weltgepriesenen Helden Alkinoos, dem mächtigsten Könige“ nur zurufen konnte: Siehe, Du rühmst Dich der trefflichsten Tänzer auf Erden, Und Du behauptest den Ruhm! Mit Staunen erfüllt mich der Anblick.
Sie machen diese Kunststücke in den Strümpfen. Sobald Einer solches zum besten geben will, streift er die ausge-schnittenen Schuhe, die hier alle Männer tragen, ab und stellt sie in die Mitte des Kreises. Ihre Tracht, die hohen [langen] weißen Strümpfe, die blauen kurzen Pumphosen, der schwere rotgelbe Seidenschal, als Gürtel gebunden, manchmal auch kokett malerisch in reichen Falten nachlässig herabhängend, ein blendend weißes Hemd, dunkelblaue Tuchjacke, kleiner bebänderter Stroh-hut, kleidet sie dabei wie eigens vom Theaterschneider dazu erfunden.
Zur Transskription:
Die alte Schreibweise wurde teilweise, wo die Bedeutung aus dem Zusammenhang eindeutig ist, beibehalten, wie die alte Form des Dativs; Manches wurde zugunsten der besseren Lesbarkeit behutsam angepasst. (Statt „aus dem Tacte kömmt“: „aus dem Takte kommt“]
Beibehalten wurden auch malerische Beschreibungen. Ebenfalls beibehalten wurde die Beistrichsetzung, die Groß / Kleinschreibung und das „scharfe >S< (ß); falls der Druck des
„ß“ Probleme bereiten sollte, kann es nach der letzten Rechtschreibreform durch „ss“ ersetzt werden.
Handschriftliche Anmerkungen am Original des Deckblattes sind kursiv.
Ausdrücke, deren Bedeutung sich wesentlich geändert hat, sind [in eckige Klammern und kursiv neben das Original gesetzt].
Schlecht leserliche Textstellen auf der Kopie sind punktiert unterstrichen.
Eine Textstelle, die im Original nicht in Fraktur gesetzt wurde (p 104), ist fett übertragen.
Das II. Buch. Von der Griechen
Neben dem essen gieng das Gauckelspiel in aller macht an/ wie oben gemelt/ mit springen/ singen/ unnd must der Morescken Tantz auch dabey seyn/ mit etlichen leichtfertigen unnd geilhafftigen Geberden/ fast schendlich an zu sehen/
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Am Sonntag, den 13. Januar, am Neujahrstage der Griechen, gab Hr. Domenico, welcher eine Griechin zur Frau hatte, eine Tafel, mit welcher er sich auszuzeichnen gedachte, wobey außer einigen geladenen griechischen Kaufleuten und Anverwandten, der französische Consul sammt seiner Frau erschien und unser Steuermann, aber nicht der Hr. Schiffspatron gegenwärtig war, welcher sich äußerte, dass ihm eine allzu vornehme Gesellschaft nicht behage, und auf dem Schiffe ein Pökel-Häring angenehmer sey. Eigentlich verdroß es ihn, dass man sich in meinem Beyseyn seines Betragens erinnert haben würde. Eine viereckige Tafel fasste die bey uns üblichen Couverts mit Löffeln, Messern und Gabeln, so wie überhaupt bey den Griechen üblich ist, wenn sie mit Europäern zusammentreffen, und mit Türken es auf ihre Art zu thun nicht genöthigt sind.
Vor dem Auftragen ging ein Diener herum, welcher jedem Gaste ein Becken mit der linken Hand vorhielt, das einen kegelförmigen, durchlöcherten Deckel besaß, an dessen oberer Vertiefung eine Seifenkugel lag, welche er benetzte, indem zugleich der Diener mit der Rechten ihm die Hand abwusch, wo sodann das unreine Wasser sich unter den Deckel des Beckens herabzog. Vor dem Essen wurde mit der vortrefflichen Leier, die der Kapitän mitgebracht hatte, ein Vorspiel gegeben, und einige Griechen sangen dazu. Das Mahl war mit einigen Abänderungen ganz europäisch : das merkwürdigste an der Tafel blieb jedoch : Blumensträuße, welche mir beim ersten Anblick künstlich zu seyn schienen – denn es war der 13. Januar, wo man so etwas nicht vermuthete; um so mehr, als sich die Hyacinthen und Narcissen durch ihre Größe in den Blumen auszeichneten, allein der Duft, den sie von sich gaben, überzeugte mich, dass sie aus Gärten stammen müssten. Ich griff darnach. Man versicherte mich nun, dass Landleute sie aus dem umliegenden Gegenden um diese Zeit auf den Markt brächten, und solche in ihren Gärten ohne besondere Sorgfalt cultivierten. Unter denselben war noch der wohlriechende Jasmin, blühende Büsche von Orangen- und Limonenbäumen, und die arabische Vogelmilch (Ornithogalum arabicum), ein sehr schönes Liliengewächs, zu sehen.
Nach aufgehobener Tafel, denn der Tisch wurde ganz abgetragen, und Stück für Stück hinausgetragen, führte man zuerst Tänze nach europäischer, dann einige nach Candiottischer Art auf. Es nahm bey letztern ein Guitarrespieler in der Mitte der Stube Platz, und die Zuschauer setzten sich ringsherum an den niedrigen Sophas längs der Wand; eine Reihe von 12 oder 13 Griechinnen, einen einzigen Mann an der Spitze, gaben sich die Hände, und rutschten, indem sie den Körper hin und her, vor- und rückwärts bewegten, bey jedem Takt um einen halben Schritt im Kreise herum. Das Klimpern auf der Zither war ein eintöniges Recitativ, welches zuletzt unleidlich wurde. Einen andern Tanz erlaubte die strenge Etiquette nicht, auf den Inseln im Archipelagus ist man jedoch freyer.
Schmidt, Bernhard: Das Volksleben der Neugriechen und das hellenische Alterthum. Leipzig, Teubner, 1871.
p. 109
Ein charakteristischer Zug in der Natur dieser Wesen ist ihre Fröhlichkeit und heitere Lebenslust. Dieselbe äussert sich hauptsächlich in einer unbezwinglichen Liebe zu Gesang, Musik und Tanz, welche sie nicht nur mit den altgriechischen Nymphen, sondern überhaupt mit allen Elben und Wassergeistern theilen. Ihre Leidenschaftlichkeit in diesem Hange drückt am besten ein euböisches Märchen aus, in welchem eine Neraide so lange tanzt, bis sie entseelt niedersinkt. Es sind vorzugsweise die Nächte, die sie dem Tanze und dem begleitenden Gesange widmen, wozu sie sich öfters die Tennen der Landleute auserkiesen. Viele in Griechenland, Männer sowohl als Frauen, wollen Augen-oder Ohrenzeugen dieser ihren Belustigung gewese sein. In mehr als einer Beziehung interessant ist, was Soutsos, der Geschichtschreiber des griechischen Unablängigkteitskampfes, im Jahre 1826 aus dem Munde eines argolischen Bauers hörte, dass bei den Mühlen der Lernagegend eine Neraide von grünem, mit Perlen und Korallen geschmückten Haupthaar sich zeige, die am Tage ihre Kleider auf den Klippen trockene und oft des Nachts im Mondschein auf der Fläche des Meeres lustige Tänze aufführe.
Nach dem in Arachoba herrschenden Volksglauben spielen die Männer der Neraiden, die Teufel, denselben zum Tanze auf, und oft ertönen von den felsigen Höhen des Parnasos herab oder aus den Grotten heraus deren bezaubernde Weisen, die sie ihren zahlreichen und verschiedenartigen musikalischen Instrumenten zu entlocken wissen ; eine Vorstellung, welche deutlich zeigt, dass Pan und das verwandte Geschlecht der Satyrn, die musikkundigen Genossen der Nymphen, in den mit den Neraiden verbundenen männlichen Dämonen fortleben. Weit verbreitet ferner ist der Glaube, dass die Neraiden gern um musicirende Hirten sich sammeln und den fröhlichen Reigen beginnen. Mir selbst erzählte man auf Kephalonia von einem in dem Dorfe Dilinata unweit Argostoli wohnenden Hirten, zu desse Flöte sie getanzt haben sollen ; gleichwie nach einer Sage des Alterthums einst die Nymphen des Othrysgebirges zum Spiele des in der Musik ausgezeichneten Hirten Terambos tanzten. Ein kretischer Leierspieler, welchen Ross auf der Insel Kasos traf, versicherte demselben alles Ernstes, dass er die Neraiden oftmals Nachts am Brunnen sehe und von ihnen aufgefordert werde zu spielen und zu singen. Von ihm erhielt Ross auch ein von einem jungen Schäfer und den Neraiden eines Flusses handelndes, seinem Inhalt nach hierher gehöriges Volkslied mitgetheilt, dessen Heimath Karpathos sein soll und welchem wohl eine örtliche Sage zu Grunde liegt.
Deptanz Von Max Von Boehn 37
"Einen Reigen auch schlang der hinkende Feuerberrscher,
Jenem gleich, wie vordem in der weitbewohneten Knossos
Dädalos künstlich ersann der lockigen Ariadne.
Blühende Jünglinge dort und vielgefeierte Jungraun
Tanzten den Ringeltanz, an der Hand einander sich haltend.
Schöne Gewand`umschlossen die Jünglinge, hell wie des Öles.
Sanfter Glanz, und die Mädchen verhüllete zarte Leinwand.
Jegliche Tänzerin schmückt`ein lieblicher Kranz, und den Tänzern Hingen goldene Dolche zur Seit`an silbernen Riemen.
Kreisend hüpften sie bald mit schöngemessenen Tritten
Leicht herum, so wie oft die befestigte Scheibe der Töpfer
Sitzend mit prüfenden Händen herumdreht, ob sie auch laufe;
Bald dann hüpften sie wieder in Ordnungen gegeneinander.
Zahlreich stand das Gedräng`um den lieblichen Reigen versammelt, Innig erfreut; und zween nachahmende Tänzer im Kreise Stimmten an den Gesang und drehten sich in der Mitte.
…
179-180
Kranzsingen (1544)
Mit lust trit ich an disen tanz,
Ich hoff, mir werd ein schöner kranz
Von einem schön jungfrewelein
Darumb wil ich ir eigen sein.
So trit ich him auf einen stein!
Got grüß mirs zart jungfrewelein!
Und grüßt euch got allsambt geleich,
Sie seien arm oder reich.
Got grüß euch all in einer gmein,
Die großen darzu auch die klein!
So ich eine grüß, die ander nit,
So wär ich kein rechter singer nit.
[Stackelberg Gräber]
4. DersatyrischeReigenKordax. DreinacktebäurischeMännergestalten, imnachgeahmtenhieratischenStylgemalt, erscheinenhiermitrothenKopfbindengeschmückt, muthwilligeSprüngeundkomischeGeberdenmachend, inbacchischerAusgelassenheit. SievereinigensichzueinemumherkreisendenReigen, daherzweivonverschiedenenSeiten, unddermittlere, welchereinGewandaufdemlinkenArmeträgt, vonRückengesehenwird. TanzundGesanggehörtenhauptsächlichzudenreligiösenHandlungenimhöchstenAlterthum, weilsiealsMittelbetrachtetwurden, HerzundSeelezustimmenundbiszuderVereinigungmitdenNaturgötternzuerheben, welchemankindlichdurchFrohsinnzuehrenmeinte, wieeineZeitdesJahresdurchTrauer.
Salvator, p. 80-81
Paxos
Für Musik haben die Paxioniotten wie alle Griechen Vorliebe. Violine und Mandoline sind die beiden Haupt Instrumente. Letzterer ähnlich die Busukki, Lauto und Protolauto, auch manche Guitarren, die man Taburà nennt. Diese Instrumente werden theils hier verfertigt, theils aus Corfu importirt; sie variiren in der Grösse von einander, gewöhnlich macht man sie in drei Grössen. In Antipaxos ist kein Instrument, zum Feste des Agios Emilianos gehen Spieler von Paxos hin. Alle diese Instrumente werden gewöhnlich gespielt und zwar namentlich die Violine gelegentlich der Tanzunterhaltungen, mit denen die hiesigen Bewohner grosse Festtage, Kirchenfeste, Vermählungen u.s.w. zu feiern pflegen. In Gay und zuweilen auch auf dem Lande bei reicheren Herren wird im Hause getanzt, die meisten Tanzunterhaltungen, an welchen hier als Mittänzer oder Zuschauer alle Bewohner der Nachbarschaft theilzunehmen pflegen, sind aber unter Gottes Himmelsdom.
Der Tanz wird, mit dem Sacktuche in der Hand, um die in der Mitte sitzenden Violinspieler im Kreis gehalten. Man kann sich nichts Keuscheres denken wie sich den Arm gebenden Mädchen mit gesenktem Blick und eintönig singend, während die beiden Enden je ein Mann, ein Sacktuch den letzen Mädchen gebend, bildet. Die Paxinioten tanzen verschiedenartig nach corfiottischer und bewegterer albanischer Art. Man nennt Kalamatioti den Tanz, wo die Frauen singen und die Männer schwingen; bewegter ist jener nach Paxos-Sitte, wo der Mann mehr nach Corfu’s Art hüpft und springt. Manchmal dreht sich der Mann und wechselt das Sacktuch hinter den Rücken. Bei Rumejko hüpfen die Frauen mit, die Cadence ist bewegter und lebhafter. Der eine Mann steht in der Mitte, während der andere am Schlusse des Spiralförmigen Kreises hüpft und das Saktuch hinter dem Rücken wechselt. Die Cadence des Tanzes ist mehr oder minder lebhaft, mancher Matrose setzt in die behenden Schwingungen unter dem emporgehaltenen Sacktuche, dem Heben des Fusses und Einsetzen des Absatzes ein gewisses Feuer. Jeder tanzt gewöhnlich zwei Tänze, indem der eine Mann vortanzt, der andere folgt, dann zwei der andern und so fort. Manche tanzen zarter, manche lebhafter im schnelleren Tempo, estere werden mehr geschätzt. Die übrigen Frauen sitzen ringsum im Kreise, die Männer stehen und besuchen häufig das benachbarte Magasià (Taverne). Kinder steigen auf die nahen Oelbäume, um besser den Anblick zu geniessen. Verkäufer fehlen gewöhnlich nicht, eine bieten Kuchen, manche Caramellen feil. Die Männer zahlen, wenn sie tanzen, dem Violin- und Mandolinspieler eine halbe oder eine ganze Drachme.
Gar besucht ist der Tanz am Feste von Hipapandi. Lorbeerblätter sind am Boden gestreut, Orangen- und Myrthenkränze hängen über dem Eingang der Kirche. Cypressen dienen als Magazià-Zeichen bei mehreren der nahen Häuser. Halb Paxos ist da anwesend, in der Kirche tönt dumpfer Gesang und in bläulichen Ringen steigt Weihrauch in diie Wölbungen empor, die Kinder läuten die Glocken ohrzerreissend, allmählich wird es aber stiller, die Leute versammeln sich am äusseren Kirchplatze, wo getanzt werden soll. Sesame und Mandelbäckereien werden zum Verkauf herumgetragen und gegessen. Der Tanz nimmt immer zu, anfangs von weningen gehuldigt, tanzen am Schlussballe bis 30 Weiber im Kreise.
Volksbelustigungen anderer Art gibt es auf Paxos keine.
Curt Wachsmuth
Wachsmuth, Curt: Das alte Griechenland im neuem. Bonn, Max Cohen, 1864.
p. 99
Griechenland
Den Morgen nach der Brautnacht erscheint wie bereits bei den alter Griechen [71. Bei Theokrit Idyll.XVIII 54 ff. schliessen die spartanischen Jungfrauen ihr Epithalamium auf Helena und Menelaos mit der Mahnung:
έγρεσθαι δε πρός αώ μή 'πιλάθησθε.
Νεύμεθα κάμμες ες όρθρον, επεί κα πράτος αοιδός
Εξ ευνάς κελαδήση ανασχών εύτριχα δειράν.
Und der Scholiast zu dieser Idylle sagt ausdrόcklich: των επιθαλαμίων .. τινά όρθρια (άδεται), ά και προςαγορεύεται διεγερτικά] schon bei Sonnenaufgang eine Schaar befreundeter Jungfrauen und Jünglinge, das junge Paar mit einem entsprechenden Lied aufzuwecken. Da ein derartiger Gesang weder in der Passow’schen Collection der neugriechischen Volkslieder noch sonst meines Wissens irgendwo gedruckt ist, theile ich einen aus meiner Sammlung in dem Urtexte mit:
Τώρα, την αυγή, τώρα την κονταυγούλα,
Τώρα τα πουλιά, τώρα τα χελιδόνια,
Τώρα η πέρδικες, ξύπνα, λαλούν και λένε,
Ξύπν' αφέντη μου, ξύπνα, καλέ μου αφέντη,
Ξύπν' αγγάλιασε κορμί κυπαρισσένιο,
'Ασπρονε λαιμό, βυζάκια σαν λεμόνια,
Σαν το κρυό νερό.
Dieser Tag wird dann unter Schmausen, Zechen und Tanzen verbracht.
[72. Guys a. a, O.I S. 188 versichert, unter den Hochzeitsspielen auch eine vφllig antike λαμπαδηδρομία desehen zu haben, bei der die Wettlaufenden mit ihren brennenden Kerzen zuerst an dem gesteckten Ziele anzukommen bestrebt waren. Populδr ist dergleichen wenigstens nicht; und sicher durfte er nicht aus dem altgriechischen Fackelzug, der die Heimfόhrung der Braut geleitete, einen Fackellauf machen.]
Den dritten Tag bildet den Schluss der gesammten Festlichkeiten noch eine eigenthümliche Feier, welche folgendermassen vor sich geht. [73. Ich habe dieselbe bloss bei Fauriel S. XXII beschrieben gefunden: aber auch seine Erzählung ist sehr kurz und äusserst fragmentarisch; mein elischer Gewährsmann hat mich auch hier weit besser instruirt. Einen ähnlichen albanesischen Gebrauch erwähnt Hahn, alban. Stud. I S. 147.- So viel ich weiss, bildet diese Wasserceremonie in den meisten Theilen von Griechenland den Schluss der Hochzeitsfeierlichkeiten; nur in Kreta (s. Bybilakis S. 47, Churmusis S. 29) folgt acht Tage später noch der αντίγαμος die Gegenhochzeit, im Hause der Braut.] In festlichem Zuge wird die Neuvermahlte nach der Quelle oder dem Brunnen geführt, woraus sie in Zukunft ihren Wasserbedarf zu entnehmen hat. Dieser Akt ist so obligatorisch, dass er auch dann nicht unterlassen werden darf, wenn zufällig das Wasser dasselbe bleibt als das war, aus welchem die Vermählte bisher geschöpft hat. An der Quelle angekommen muss sie diese feierlich begrüssen und in hohler Hand aus ihr trinken; dann wirft sie einige Geldstücke, auch verschiedene Esswaaren in dieselbe hinein. Hierauf folgt ein von Gesang begleiteter Rundtanz um die Quelle.
Hirschberg, Julius: Hellas-Fahrten. Leipzig, Vin Veit, 1910.p. 256
Oster-Sonntag, Missolunghi, 11/04/1909
Das vierte ist die allgemeine Fröhlichkeit: alles ist draußen. Di Häuser sehen verödet aus, Türen und Fensterläden sind fest geschlossen. Nachmittags, wenn der Retsinato seine Wirkung schon zu äußern beginnt, hebt auf dem Hauptplatz zu Missolunghi der Reigentanz der Männer an, in dem wir vielleicht ein Überbleibsel der alten Waffentänze vor uns sehen. Im Heroon, das diesem Städtchen den ”Tiergarten“ ersetzen muß, drängt sich die ganze Bevölkerung zusammen, vom Platz-Kommandanten mit Frau und Tochter, die von allen ehrfurchtsvoll begrüßt werden, bis herab zu den Ärmsten, die nichts in dem kleinen Café verzehren und denen deshalb von dem Wächter die Stühle für vornehme Gäste weggenommen werden.
Pückler-Muskau, Fürst von: Südöstlicher Bildersaal. Frankfurt, Societäts-Verlag, 1981 (original 1840).
p. 37-41
Patras ?, 01/01/1836
Madame Bertiny, die frau des französischen Konsulats-Chanceliers, hatte gehört, daß ich den griechischen Nationaltanz sehr zu sehen wünschte, und war so gütig, am griechischen Neujahrstage, der zwölf Tage nach dem unsern fällt, einen kleinen Ball mit ihrer zahlreichen Verwandtschaft zu arrangieren, wo es in jeder Art nationell herging, und ich daher gute Gelegenheit hatte, mit rumelischen, sciotischen und albanesischen Tänzen auch die echt griechischen Sitten mehr als in andern Häusern zu beobachten. Ich fand die ersten wie die letzten den maurischen Afrikas sehr nahe verwandt, auch hinsichtlich des natürlichen Anstandes und der Würde im äußern Betragen, welche die Bewohner aller Gegenden des Orients auszeichnen, wenngleich hier in etwas geringerem Gepräge. In der Nebenstube des Tanzsaals, dessen Türen offen standen, ward nach türkischer Art Tabak geraucht, die Tanzmusik, aus einer Violine und Zither bestehend, war volkommen arabisch, ie herumgegebenen Erfrischungen und Süßigkeiten gleichfalls von ähnlichem parfümiertem Charakter, und derselbe Löffel diente, wie dort, mehreren nacheinander, um sie zum Munde zu führen. Auch die Pantomimen des Tanzes glichen denen, die ich im Königreich Tunis gesehen, in vieler Hinsicht. Damen und Herren saßen zwar auf europäische Weise, doch vergaß sich nicht selten ein Bein, mit unwillkürlicher Unterschlagung nach alter muselmännischer Manier, und die Bouquets der Damen waren ebenfalls nicht, wie bei uns, am Busen plaziert, sondern unter dem Fes herabhängend nach orientalischer Mode befestigt. Während der Intervallen des Tanzes sang eine alte Frau mit einer der durchdringendsten Stimmen, die ich je gehört habe, und mit unermüdlicher Lunge griechische Kriegslieder, bei denen Melodie und Singmethode mir durchaus in nichts von dem Gesange der Beduinen in der Wüste verschieden schienen.
Übrigens finde ich in allem, was ich noch hier von der griechischen Gesellschaft gesehen, diese in ihren Manieren freundlich, zuvorkommend und ohne Prätention, aber freilich an das Zeitalter der Aspasia und des Alcibiades darf man dabei nicht mehr denken. Selbst die Züge der modernen Griechen verraten meistens weit mehr die Mischung mit dem Blute der Barbaren, die so lange hier hausten, als den Urtypus der Hellenen, wenn überhaupt noch etwas von diesen hier vorhanden ist. Gebogene Nasen sind an der Tagesordnung und die sogenannten griechischen höchst selten, Augen und Haarwuchs aber gewöhnlich der schönste Teil bei Männern und Weibern. Eine der Damen, Madame Papadiamandopolo, zugleich eine sehr hübsche Frau mit zierlichem Fuß, zeichnete sich vorzüglich als Tänzerin aus und erweckte mehreremale den enthusiastischen Beifall der Gesellschaft, der sich durch Ausrufungen des Entzückens und allgemeines Händeklatschen kundgab. Sämtliche Tänze sahen sich untereinander sehr ähnlich, und ich kann nicht sagen, daß sie mir besonders graziös vorgekommen wären, da viele Pas mit einwärts gestellten Füßen oder auf den Hacken gemacht wurden, und das Beugen der Kniee, bis der Hinterteil des Körpers fast den Absatz berührt, worauf dann immer mit einem Schneller der stärkste Sprung erfolgt - auch schwer mit Grazie auszuführen ist. Doch waren einige Bewegungen anmutiger, und vor allem gefiel mir der ernste, leidenschaftlich schwärmerische Ausdruck, den die Frauen ihren Gesichtern zu geben wußten, wobei dann die schon öfters gerühmten großen, und feurigen Augen der Griechinnen sich vollständig geltend machten.
Am nächsten Tage folgte diesem kleinen feste ein großer Ball bei dem englischen Konsul, wo fast die ganze Stadt, Eingeborene wie Fremde, versammelt war. Ich hatte hier das Vergnügen, die Bekanntchaft des berühmten Kanaris zu machen, der mit seiner kleinen Korvette von achtzehn Kanonen, dem einzigen Dreimaster, den die jetzige griechische Marine besitzt, in den hiesigen Gewässern kreuzt. Er trug nicht mehr, wie sonst, die Nationaltracht, sondern nur eine einfache Zivilkleidung, und hätte man mich seine Person unter den Anwesenden erraten lassen wollen, ich würde vielleicht auf ihn gerade zuletzt gefallen sein. Er ist ein kleiner, ziemlich korpulenter Mann mit einem jovialem, freundlichen Ausdruck des Gesichts und jener ganz unbefangenen natürlichen Bescheidenheit, die trotz dem, was man darüber häufig zu behaupten pflegt, mit so hohem Verdienst und so großen Taten nur seten vereinigt ist. Er hat jetzt eine stark hervortretende Narbe an der Stirn, von einer schweren und gefährlichen Wunde, die er seltsamerweise voriges Jahr durch einen Fall auf seinem eigenen Schiffe erhielt, während er im Kriege, unter so vielen drohenden Gefahren und tollkühnen Unternehmungen, stets unversehrt blieb.
Die königin dieses Balles, die Schönste unter den Schönen, war Fräulein Nina, die reizende Tochter unseres Wirts, mit der ich den Ball vermittelst einer Polonaise eröffnete und nachher auch ihre angenehme Unterhaltung mehr genießen konnte, als es sonst der Fall gewesen wäre, da sie wegen einer Verwundung ihres hübschen Füßchens an andern Tänzen gehindert wurde. Tarsitza war nicht gegenwärtig, weil sie sich unwohl befindet ; übrigens sah ich viele mir noch unbekannte Schönheiten und überhaupt eine reizande Galerie roter Fes. So brillant die Gesellschaft indes war, muß sie doch etwas gemischt gewesen sein, denn man stahl mir aus meinem Hute ein paar neue pariser Handschuhe von Walker, die man durch ein dafür zurückgelassenes horribles Exemplar geflickter patraser ersetzt hatte, ein sehr unangenehmer Verlust in diesen von der Zivilisation entfernten Regionen, wo man bei vielen Artikeln zu einer früher ganz ungeahnten Sparsamkeit gezwungen wird.
…
p. 184
Athen, 13/04/1836
Sonst pflegten die Weiber Athens an dem auf den heutigen Tag fallenden griechischen Osterfeiertage um den Theseustempel herzutanzen, doch mit der europäischen Kultur scheint dies aufgehört zu haben; denn als ich mich hinbegab, fand ich zwar viele geschmückte Leute um den Tempel versammelt, die sich dort auf verschiedene Weise belustigten ; tanzende Weiber konnte ich aber nirgends darunter bemerken. Die meisten waren im Gegenteil so unbeweglich als der Felsen an der Pnyx, den man seiner seltsamen Form wegen die Dame von Athen nennt, oder die zwischen den eingerissenen Hütten neben dem Tempel weiß hervorragende Karyatiden, die in Schlangenschweifen enden ; sie wurden erst in neuerer Zeit entdeckt, und bis jetzt hat niemand mit Wahrscheinlichkeit angeben können, was ihre Bestimmung war, oder welchem Monumente sie angehört haben mögen.
…
p. 188
Athen, 05?/1836
Die heutige Assemblee zeichnete sich vor den früheren dadurch aus, daß der türkische Gesandte, in der abenteurerlichen Kleidung neuerer osmanischer Zivilisation, in einem lederfarbenen Überrock mit einem darüber geschnallten, langen, graden Degen – zum erstenmal hier öffentlich erschien, nachdem er vor einigen Tagen seinen feierlichen Einzug, vom Nomarchen und der Gassenjugend begleitet, in Athen gehalten hatte. Der König war, wie immer, höchst artig gegen jedermann, beglückte mehrere junge Damen dadurch, daß er sie zum Tanze aufzog, und unterhielt sich auch mit mir eine halbe Stunde sehr angelegentlich über Landschaftsgärtnerei, ein Gegenstand, über den Seine Majestät mit ebensoviel Sinn als Geschmack zu sprechen wußte. Eine angenehme Bekanntschaft für mich war die des Fürsten Michael Suzzo, griechischen Ambassadeurs in Petersburg und früheren Hospodars der Wallachei ; nachher ließ ein kleiner Zirkel interessanter Männer, die sich in ein Seitenzimmer zurückgezogen hatten, mich verschiedene unterrichtende Gespräche über die hiesige Politik vernehmen, welche ich jedoch wiederzuerzählen dermalen nicht für gut finde.
...
p. 205?
Megara, 05?/1836
Es war Sonntag, die ganze Stadt in Putz und auf den Straßen. Bis zum Einbruch der Nacht saß ich sinnend und zerstreut auf meinem Balkon und warf von Zeit zu Zeit meine Blicke auf die von mehr als hundert weiß und schwarz gekleideten Weibern auf dem freien Platze unter mir aufgeführten Nationaltänze, die noch immer einige Ähnlichkeit mit den von Homer beschriebenen haben. Abgeteilte Banden von zwanzig, die sich an den Händen hielten, wurden immer von einem Manne als Vortänzer angeführt. Die zusammenhängenden Reihen glichen so vielen Schlangen, die sich durcheinander wanden, und die Tänzerinnen akkompagnierten zugleich selbst ihre Evolutionen durch Absingen Liebe atmender Lieder.
Uffenbach 90 in Cofini 93-94
Napoli, Italy 03/05/1715
L’architetto Johann Friedrich Armand von Uffenbach (1687-1769) (Cod.Ms. Uffenbach 29 I-IV.) 1714-1715. In Cofini : Tarantella Sulla strada per Napoli, Uffenbach ritornando da Ercolano, si ferma con i suoi compagni di viaggio presso un’ osteria per gustare il “magnifico vin greco” (op. cit., p.90). La compagnia decide di farne una notevole provvista da portare a casa, e si rimette in viaggio. Poi succede quanto segue:
s. 682 [Neapel, 03/05/1715]
“unweit dieses wirtshauss auf/ der straße sahen wir eine troupebauern-/ mägdgens all ergözet daher springen und tanzen/ alles tanzte hintereinander und alles sprang/ damit herumb sie hatten 2 dudelsäcke und ein tambour de basque bey sich damit sie [stattliches?] und ein recht antiques Aufzug oder ein freudiges/ bacchanal fürstellten […] sie uns [ ]/ als wie es den alten [bacchus?] Zuge gemäss wäre./ wir ritten darauf zu umb zu sehen [da haben wir ?] blass
/ still und fremd ein junges bauernmägdgen in der mitte ganz traurig und [ ] gesehen, von der die/ anderen sagten, dass sie eine tarantuala gestochen hätte/ und dass sie nach der statt eilten sie unius zu fuss
...
s. 683
ihr tanz geschah also umb sie zu animieren/ mit zu machen und sich wie betört dadurch/ zu heilen. allein sie hatte [ keine Lust?] dazu und sah sehr trostmütig bei der anderen lustbarkeit aus.
Karl Gustav Fiedler
Fiedler, Karl Gustav: Reise durch alle Theile des Königreiches Griechenland... Leipzig, Friedrich Fleischer, 1841.
p. 28-29
Skopelos and Skyros, 25/01/1835 (08/02/1835)
Nach der Kirche begaben wir uns zum Gouverneur (Eparch), wo Raki und überzuckerte Mandeln und dann Kaffee herumgegeben wurde. Als ich in meine Wohnung kam, wunderte ich mich nicht wenig, win Blatt it einer Einladung, diesen Abend um 8 Uhr zum Ball, zu finden. Ich kannte kein Zimmer, was nur einige Paar fassen konnete, auch war der Ort nicht angegeben, sie hatten wohl dafür gesorgt, es blieb mir nur zum Ball zu gehen.
Dass ich meinen Leuten Feiertag gab, bedarf wohl keiner Erwähnung. Ich stieg mit ihnen auf dem südlichen Gebirg der Insel herum. Der Gensdarmerie hatte ich gemeldet, dass ich heut Abend die Gesundheit des Königs, begleitet mit 3 Salven, trinken würde, so geschah es auch, das Haus, worinn meine Leute quartiert waren, lag dicht am Hafen, es war still und mächtig tönte der Schall vom Gebirg zum Gebirg. Dann begag ich mich zum Ball.
Der Ball zu Skopelo.
Der Secretair der Eparchie hatte des geräumigste Zimmer in der Stadt dazu gegeben. Man bewillkommte mich freundlich. Die Damen befanden sich oberhalb auf einer Gallerie, wie diess hier in den meisten Häusern der Fall ist unten waren die Männer; in der Mitte des Zimmers stand ein Tisch mit Wein und Wasser, Zürbelnüsschen, gerösteten Stragali und Mandeln, lauter Landesproducte.
Die Tanzmusik war eine Violine und eine Zitter, die durchgreifend mit einem Federkiel gerissen wurde. Es gab unter den Frauenzimmern nur 3 Mädchen, von denen die eine ipsariotisch, die beiden andern italienisch gekleidet waren.
Zuerst wurde von 4 grossen, starken, suliotisch gekleideten Männern ein kriegerischer, albanesischer Tanz gehalten. Einer von ihnen nach dem andern führte an, tauchte mit dem Fustanel nieder auf die Erde, sprang hoch auf, machte allerhand Kraft vorstellende Bewegungen und riss die andern 3 an der Hand, heftig im Kreise mit sich fort, sie mussten alle Stellungen ihres Anführers mitmachen. Hierauf wurden dann die Mädchen und Frauen zu andern Tänzen engagirt. Die hiesige Flora ist nicht ausgezeichnet. Wir verlebten den Abend recht gemüthlich heiter, einige Herren sangen einen Choral, der auf die Ankunft des Königs gedichtet war.
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p. 82-83
Skyros
Noch vor einigen Jahren war es gebräuchlich bei Festmählern, dass die Frauen ein Todtenhemde für ihre Männer mitnahmen, denn wenn sich ein Parr veruneinigten, so wurden sie mit einem Shawl umschlungen und suchten nun einander mit dem Messer, was sie gewöhnlich im Gürtel tragen, zu erstechen, meistens blieb einer todt. Ihm wurde dann das von der Frau mitgebrache Todtenhemde angezogen.
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Den 17. Frebruar a. St. feierten die Einwohner hier den Carneval. Die Männer zogen mit einem, der die Zitter mit dem Nagel oder einem spitzig zugeschnittenen Federkiel riss, in einzelnen Gruppen herum und sangen dabei schneidend durch die Nase, an ein Paar Plätzen tanzten sie einen einfachen Tanz im Kreise herum, wie die Albanesen und Wallachen. Einige kamen als Fraue verkleidet und Männer hatten einen Flaschenkürbis mit langem Halse, von welchem sie einen sehr obscönen Gebrauch machten, zum allgemeinen Gellächter der Zuschauer, worunter leider auch Mädchen und Knaben von jedem Alter waren.
Albert Berg
Berg, Albert: Die Insel Rhodus. Braunschweig, George Westermann, 1862.
p. 2/165-166
Rhodos
Von der fränkischen Gesellschaft des Neomaras lernte ich vor Herrn N.'s Abreise ausser dem französischen und englischen Vicesonsul-deren freundliches Entgegenkommen ich in bester Erinnerung habe, nur den Besitzer des englischen Consulatsgebäudes, Herrn Barmann, kennen, einen Deutchen von Geburt, der sein halbes Leben im Orient zugebracht hat. Seiner Güte verdanke ich einige schöne antike rhodische Thongefässe, welche ich bei meiner Rückkehr dem königlichen BerlinerMuseum übergab. Erst am Ende des Carnevals führte mich B. zu der vortrefflichen Mrs. W., der Wittwe des frühern englischen Viceconsuls, einer Smyrniotin lucchesischer Abstammung, welche mit ihren liebenswürdigen Töchtern und ihrem Bruder, dem sardinischen Proconsul Hern M., seit vielen Jahren hier wohnte. Ich fand die freundlichste Aufnahme, und erinnere mich mit dankbarer Frende der vernügten Stunden, welche ich in ihrem Hause zubrachte. Es war, was man recht von Herzen “eine gute Familie “ nennt. Mrs W. sollte bei einem Balle, welchen mein Freund B. am Carnevalsmontage zu geben beabsichtigte, die Wirthin machen. Die Vorbereitungen zu dieser Festlichkeit setzten uns schon den Tag vorher in Bewegung.
Der Sonntag Nachmittag wurde mit dem französischen Viceconsul, Herrn P., in fruchtlosen Bemühungen zugebracht, das schrecklich verstimmte Clavier in einigermaassen spielbaren Zustand zu bringen. Ich hatte meine Noth. Herr P., welcher etwas Violine spielte, wollte durchaus in reinen Quinten stimmen und konnte das Unmögliche seines Unternehmens durchaus nicht begreifen. Montags machte ich mich, um die schrecklich kahlen Wände unseres Ballsaales etwas zu schmücken, mit C. auf den Weg nach der Schlucht von Sümbülli, um Epheu und anderes Grünes zu holen. Es goss vom Himmel wie aus Schläuchen – das vermehrte nur unsere ausgelassene Laune – wir hieben mit unsern Hirchfängern wacker in die triefenden Epheuranken hinein, und brachten nach einigen Stunden unser Maulthier schwer mit Zweigen und Sträuchern beladen nach Hause zurück. Die langen Epheuranken wurden in vollen Festons aufgehängt, aus Meerzwiebeln und Arumblättern die schönsten Rosetten zusammengesetzt, - in kurzen Stunden gewann der öde Saal ein festliches Ansehen.
Abends versammelte sich allmälig die ganze bunte Gesellschaft; schöne Levantinerinnen mit leuchtendem Auge, glänzendweisser Haut und rabenschwarzem Haar, in malerischer halb fränkischer halb morgenländischer Tracht; die Viceconsuln mit ihren Familien, einige Schiffscapitäne, die Gesundheitsbehörden, der Pascha mit seinem Geforge. Im Erdgeschosse rauchten und tranken die Männer, oben wurde getanzt; ich beeiferte mich, abwechseldn mit einem Quartett von Guitarre, Violine und zwei Flöten des Gesellschaft aufzuspielen, denn zum Mittanzen fand ich micht nicht versucht. Aufangs wurden nur Walzer, Polkas, Françaisen getanzt. Aber nach Mitternacht wurde die Gesellschaft munterer, und man begann griechische Nationaltänze aufzuführen, wozu ein türkischer Kuhhirt mit wunderbarer Reinheit und leidenschaftliehem Feuer die Geige spielte.
Der rhodische Tanz war der bemerkenswertheste : Männer und Frauen bildeten, sich mit verschränkten Armen anfassend, eine lange Reihe, und bewegten sich rhythmisch in abgemessenem Tritt. Allmälig trennten sich, von der Musik geleitet, einzelne Glieder vin der Reihe, bis nur ein Mann und ein Mädchen übrigblieb; nun begann ein Leidenschaftlicher Tanz oder Vielmehr ein freies Mienen- und Geberdenspiel, angefacht, beherrscht, gezügelt von der Musik, welche sich bald in dumpfen gehaltenen Tönen, bald in den ausgelassensten Sprüngen, dann wieder in Schwermüthigen Klagen bewegte. Man wusste nicht, ob der Spielmann oder die Tänzer mehr zu bewundern waren. Jener war eine merkwürdige Erscheinung, ein reines Naturkind von hoher musikalischer Begabung. Mir wurde gesagt, dass er die Kühe hütend stundenlang spielend umherziehe. Ich hatte von Neuem zu staunen, als ich ihn bei Seite genommen und gebeten hatte, noch etwas vorzutragen. Er selbst war tief begeistert, sobald er seinen Bogen ansetzte; seine Töne drangen wunderrbar in`s Gemüth.
Karl Krumbacher
Krumbacher, Karl: Griechische Reise. Berlin, August Hettler, 1886 (Athen, Karavias, 1979)
p. 337-338
Eines Abends führte uns einer der türkischen Freunde in echte tscherkessische Kaffeespaelunken, die vor uns schwerlich je von dem Fusse eines Europäers betreten worden sind. Wir sehen uns aus der feuchtkalten Strassenluft plötzlich in eine spärlich beleuchtete, von Cigarrettendampf erfüllte Stube versetzt; an den vom Rauche und von den Jahren geschwärzten Holzwänden ziehen sich lange Bänke entlang, auf denen herrliche Männergestalten nach türkischer Weise kauern oder liegen; einzelne haben auf niederen Stühlen Platz genommen; in einer Ecke brennt ein Herdfeuer, auf dem die stets neugefällte Kaffeekanne steht. Ein schwarzbärtiger Geselle spielte eine Mandoline und zwei andere führten uns zu Ehren einen Tanz auf. Derselbe hatte auffallende Ähnlichkeit mit den Tänzen, die ich auf griechischen Hochzeiten sah; dieselbe Verwandtschaft bemerkt man zwischen dem griechischen und türkischen Gesange. Es entsteht hier nur die schwierige Frage, wer in der That der Entlehner ist. Wir traktierten die ganze Gesellschaft nach der üblichen Weise mit Kaffee und setzten unsere Rundreise fort, auf der wir überall die gleichen Dinge trafen : arme einfache Leute, die auf die harmloseste Weise der Welt ihren Abend verbringen; eine Mandoline, eine Tasse Kaffee, eine wehmütig klagende Weise, etwa noch das Schauspiel eines von Männern aufgeführten Tanzes ist alles, was sie velangen.
Karl Hoeck
Hoeck, Karl: Kreta. Ein Versuch zur Aufhellung der Mythologie... 2 Bände. Göttingen, Rosenbusch, 1823.
p. 133
Antike, Griechenland
Theseus, nachdem er glücklich den Minotaur bekämpf, steuert um sein Gelübde zu lösen nach Delos; opfert dem Apollon; weiht ihm das Aphrodision, welches er von der Ariadne empfangen; tanzt mit den jungen Leuten den Reigen, welchen noch damahls (zu den Zeiten Plutarchs oder des Schriftstellers den Plutarch excerpirte) die Delier aufführten, als Nachahmung der kreisförmigen Gänge und Windungen des Labyrinthes. Der Reigen wird, wie Dikäarch erzählt, von den Deliern Geranos (Kranich) genannt. Theseus tanzte ihn um den Keraton, jenen Altar, der aus lauter linken Hörnern zusammengefügt war. Aufserdem ordnete er ein Wettspiel auf Delos, und beschenkte damals zuerst die Sieger mit einem Palmzweige (PLUTARCH. Thes. c. 21).
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p. 136-139
Antike, Griechenland
Die Statue des Pausanias ist unstreitig das Aphrodision, welches nach Plutarch {PLUT. Thes c.21} Theseus dem Apollon auf Delos weiht. Oder, nach dem Kallimachos, das heilige Bildnifs der alten Kypris, welches die Delischen Tänzerinnen bekränzen, und welches Theseus, zurückgesteuert van Kreta, mit seinen Jünglingen und Jungfrauen hier einst aufstellte {CALLIM. h. in Del. v. 307. Cf. Spanh. h. l. p.582. T. II. Ed. Ern.}.
Aber auch auf andere Weise wurzelt in obiger Erzählung die Erinnerung an den Naturdienst von Delos, obwohl verschmolzen mit dem Apollinischen Cultus. Theseus opfert dem Apollon, und tanzt mit seinen Geretteten den Tanz, welcher unter dem Namen Geranos noch spät auf Delos in religiösem Brauch war, und der Sage nach die Windungen des Labyrinthes nachahmte {PLUT. Thes. l. c. Ueber diese Nachahmung oben, I. p.67.}. Kallimachos beschreibt diesen Reigen, ohne ihn zu nennen, als Kreistanz zur Kithara, um den Altar des Delischen Apollon {CALLIMACH. h. in Del. v. 312. }. Dafs er aus Reihen von Tänzern bestand, würde schon der Name folgern lassen, den die Aehnlichkeit des Tanzes mit einem Kranichzuge hervorrief {PLINIUS, H. N. X. c. 23}; aufserdem lehrt diefs die Beschreibung bey Pollux {POLLUX, Onom. IV. c. 14. S. 101. P. 407. T. I. Ed. Hemst.}. Den Geranos, so berichtet dieser, tanzte man mit einer Mahrzahl von Theilnehmern, die, in zwey Reihen, einer hinter dem andern folgten; an den Spitzen standen die Vortänzer. Theseus führte zuerst mit den Seinen diesen Tanz an, nachahmend den Ausgang aus dem Labyrinthe {POLLUX, l.c. Dio Chrysost. orat. 37. Die Stelle des Pollux hat ihre Schwierigkeiten, ist auch vielleicht defect.}. Wahrscheinlich hat man sich zwey Halbkreise zu denken, die in verschiedenen Windungen sich um den Altar drehten, bis sie, zu Einem Kreise sich vereinigend, den Altar umgaben {HESYCH. s. v. Δήλουκακός βωμός.}. Der Vortänzer dieses Reigens hiefs mit eigenthümlichem, und sehr bezeichnenden, Namen γερανουλκός {HESYCH. s. v}.
Glaubt man dem Kallimachos, so war dieser Tanz ein Hyporchem zur Kithara {CALLIM. h. in Del. 312}; schwerlich kann aber das Wort des Dichters in dieser Hinsicht entscheidend seyn. Später kam vielleicht diefs Instrument hinzu; für die ältern Zeiten werden wir von selbst auf die Begleitung der Flöte schliefsen; den Gebrauch derselben, naben der Kithara, bezeugt Lukian {LUCIANUS, de salt. c. 34. Opp. ed. Bip. T.V. p. 144.}, und das unverkennbare orgiastische Moment, das diesen Tanz beseelte {Diefs läfst aufser der Geifselung, die bey ihm statt fand, HESYCH. Δήλουκακ. βωμ., auch Lukian folgern, der ihn neben der wilden Thermaystris nennt (worüber ATHEN. XIV. P. 629.D. EUSTATH. ad. II è' p.1601 Rom. Schweigh. in Athen. VII p. 434 zu sehen), und gleich darauf den Phrygischen Tanz erwähnt.}, eignet ihm diefs Tonzeug ganz besonders zu. Orgiastisch war sonder Zweifel der Dienst, mit welchem der Geranos ursprünglich verbunden war. Diefs zeigt die Geifselung {Es findet sich dieser Brauch vorzüglich in Naturdiensten, und trat zum Theil an die Stelle der Menschenopfer, vgl. Spanheim ad Callim. In Del. p. 590. die Geifselung zeigt sich freylich nun auch im Apollinischen Cultus von Delos, in Lakonien und sonst noch. Auf der Insel ist mir wenigstens klar, wie wir darin einen Zug des Naturdienstes haben, der auf die Apollinische Religion überging.} bey diesem Tanze, und der êáêüò âùìüò, welcher derselbe ist mit dem Hornaltare von Delos, um welchen Theseus jenen Reigen schlang {PLUTARCH. Thes. c. 21. HESYCH.s.v.}. Der wunderbaren Ara gedenken auch andere Schriftsteller {DOSIADAE ara, in Antholog. Gr. Ed. Jac. I. p. 202. CALLIM. h.in Apoll. 61. DIOGEN. LAERT.VIII. 13. Anderes noch bey Spanheim ad Callim. I. c.}. Sie war aus lauter linken Hörnern von Ziegen zusammengesetzt {PLUT. Thes. u. CALLIM. II. cc. -Nach PLUTARCH, de solert. anim. Opp. X. p.91. bestand er aus lauter rechten Hörnern, die ohne Bindungsmittel zusammen gehalten wurden, ef. SCHOL. ad Dosiad. ar. bey Jacobs animaldverss. in Anth. I. 2. p.215. Plutarch zählt den Altar den sogenannten sieben Wundern zu.}; Apollon selbst sollte ihn errichtet nnd die Jägerin Artemis die Hörner geliefert haben {CALLIM. h. in Apoll. v.60. u. das. Spanheim.}. Der Altar stand auf dem Berge Kynthos {SCHOL. ad. Dosiad. l. c.}, hinter dem des Apollon Genetor {dIOGEN. LAERT. VIII. §13.}, der auch sonst der Altar der Frommen heifst {PORPHYRIUS de abstinent. II. p.153. ed. Rhoer.}.
Trachten und Gebräuche der Neugriechen. Berlin, 1831.
Stackelberg 3
Zweite Abtheilung. Gebräuche.
Tanz Panocato
Nach alter Sitte zu Athen hatte sich im Gasparischen Hause, wo sonst manches Consulat gefeiert ward, die festliche Lust wieder erneuert. Obgleich keine besondere Veranlassung gegeben war, so erinnerte die Einrichtung des Gemachs doch immer an die verschwundenen Freuden, und manche Tambura war vorhanden, um sie neu zu erwecken. Eine Rebe und ihre kleinen Schösslinge schlugen empor und umschlangen das Dach mit den frohen Bildern der Trauben in der Höben und ihrer Ranken, die sich so gern anlegen und fest anschmiegen; sie bilden in der Höbe ein üppiges Feld und erwecken süsse Gedanken, wenngleich die bewohnbaren Räume sich menschenleer zeigen, und gesellige Vögel sich einnisten, wo sonst Menschen hausten. Eine bejarhte Tochter aus dem Hause war noch übrig und stand in geheimer Verbindung mit den Türkinnen und Griechinnen. Von ihren Chajati aus erschien der Brylessos und der Anchesmos, die kleinen nördlich sich erstreckenden Hügel von Athen, und der Olgarten, wo noch zwei alterthümliche Myrtenstämme in einander verwachsen konnten und ein Beispiel verwandter Liebe darboten.
Zwei Mädchen bewegen sich in wechselnden Stellungen nach der Tamburin-Musik, auch eine ältere Jungfrau, die neben der Tamburinspielerin sitzt, scheint nicht ganz theilnahmlos. In fortwährendem Wechsel der erhobenen Hand und der bedeckenden sinkenden besteht der künstliche Ausdruck der Grazie. Ein Paar Kinder, von denen das Mädchen älter ist, als der Knabe, haben sich gedankenlos nahe bei einander gestellt, ihr Ausdruck spricht lebhafte Theilnahme aus. In der Stellung des zuschauenden bewafneten Soldaten kündigt sich auch Mitgefühl an, auch der Priester, der vorn neben einem Agojaten durch zweifarbige Kleidung und langes Barthaar sich unterscheidet, zeigt ungetheilte Aufmerksamkeit.
Das einfallende Sonnenlicht dient die Figuren zu sondern und wirkt im Vorgrunde gesammelt durch dunklere Tinten.
Ortelius, p. ???
Und nach dem sie des süssen Weins voll waren, siengen sie ihr Griechische Tripudia oder Terpudia an, da schrencken sie die Arm übereinander, machen ein Ring, gehen also im Ringherum, mit den Füssen hart tredent und stampffend, einer singt vor, welchem die andern all nachfolgen. Wie ich nun dieser Kurtzweil lang zugesehen, legt ich mich endlich zu Bett, dann ich bescheiden war.
P. O. Bröndsted
Bröndsted, P. O.: Reisen und Untersuchungen in Griechenland. Stuttgart & Paris, 1826.
p. 1/7
Insel Zea, Griechenland, 1811
Die Dächer bilden bei gutem Wetter den angenehmsten und gewöhnlichen Versammlungsplatz für die Familien. Die Kinder spielen lieber dort oben als in den engen und schmutzigen Strassen, und am griechischen Neujahrstag, unserem dreizehnten Januar, der gerade ein sehr schöner Tag war, sahen wir recht mit Vergnügen, wie sich überall auf den Dächern lustige Gruppen zum Tanze bildeten. Noch angenehmer wäre uns dieses Schauspiel gewesen, wenn die sehr hübsche und reiche Nationaltracht der Insulanerinnen von Zea und von Thermia (Κύθνος) noch jetzt ganz allgemein wäre. Dieses ist aber leider nicht mehr der Fal.
E. Bybilakis
Bybilakis, E.: Neugriechisches Leben, verglichen mit dem Altgriechischen; zur Erläuterung beider. Berlin, Wilhelm Besser, 1840.
p. 40-47
Nachdem sich die Braut in das für sie im Innern des Hauses in Bereitschaft gesetzte Gemach (παστός) begeben, welches mit den schönsten Tapeten ausgeschlagen und mit kostbaren Vorhängen u. d. gl. Verzierungen auf das Prächtigste ausgeschmückt ist, und eine Weile dort von den Festlichkeiten des Tages ausgeruht hat, ersheinen die Frauen und Mädchen der hochzeitlichen Gesellschaft, legen einen Knaben auf ihren Schoofs und es beginnt von allen zugleich, oder auch nur von einer derselben, der für diese Gelegenheit allein bestimmte Gesag, παστικά) gennant. Hierauf von diesen Frauen begleitet, tritt sie in feierlichem Zuge aus ihrem παστός heraus, und schickt sich an, den sogenannten Brauttanz [Es ist wunderbar, wie dieser mit dem uralten so nahe verwandte Gebrauch, durch so viele Jahrhunderte hindurch fast unverändert geblieben ist. Wir verweisen auf das gegen 397 n. Chr. in Phrygien gehaltene Concilium, welches einen dieser Hochzeittänze streng verbietet. Auch andere Concilien haben mehrere, bei den Hochzeittänzen übliche Hymnen, als heidnischen Ursprungs, auf das Strengste untersagt. Allein all’ diese frommen Machtgebote der christlichen Kirche scheiterten an dem Charakter einer Nation, in welcher eine unerklärbare Neigung, die Sitten und Gebräuche ihrer Vorfahren treu und fest zu bewahren, wunderbar gemischt ist mit frommer christlicher Gesinnung] "τηςνύμφηςτονχορόν" zu tanzen, indem sie einen Chor von 15 bis 20 Personen, in deren Mitte ein Leyerspieler den Tanz mit seinem Instrumente begleitet, anführt oder wenigstens, wenn sie keine Freundin des Tanzes ist, um der Form zu genügen, eine kurze Weile Αποσυρτόν tanzen muss. Alsdann begiebt sie sich wieder in ihren παστός um auszuruhen, und überlässt es der Gesellschaft das Tanzvergnügen fortzusetzen.
Wir glauben passend auch einige der übrigen Tänze der Neugriechen erwähnen zu können und die so schwierige Erklärung der Alt-Griechischen Tänze wird uns durch die Bekanntschaft mit den vielen verschiedenen Tänzen αυτοδαήορχήματα (von selbst gelernte Tänze) der Neu-Griechen sehr leicht.
Folgende Arten werden nur in Creta getanzt.
1) Αποσυρτός (d. h. der gezogene Tanz) auch χανιότικος von der Stadt Chanea so gennant, besteht aus einer Kette von Männern und Frauenzimmern, angeführt von einem Vortänzer, welcher ein feines Taschentuch in der Hand hält, und jedesmal drei Schritte vorwärts und zwei rückwärts thut, den Körper und alle Glieder desselben leicht bewegend, welches man σισοκούνισμα nennt [Diese Benennung sowohl als auch die Art des Tanzes, erinnert uns an den Namen des ersten Erfinders des Chors Σίκιννος, welcher denselben zu Ehren des Gottes erfunden hat; "ήνπρώτοιφασίνωρχήσαντοΦρύγεςεπίΣαβαζίωΔιονύσω." (Eustathius in Homer Iliad. 16. p. 1078). Nach seinem Namen wurde auch der Tanz ursprünglich Σίκιννος gennant; und ist nichts als der ΟρσίτηςείδοςχορούπαράΚρησί (Athen. 14. 629. c. 630. b. ) des Alterthums].
2) Πηδηχτός [Ist dies nicht etwa eine Corruption von πυρριχός] ein lebhafter, mehr ein auf einer Stelle ausgeführter Tanz, etwas ähnlich dem Balancé der Franzosen, welcher, in zwei, drei, und mehreren Kreisen sich herumwindet. Dieser Tanz folgt gewöhnlich auf den αποσυρτός und wird von dem Anführer des letzteren mit der Gegen-Parthie, gewöhnlich einem Frauenzimmer, nach dem der αποσυρτός drei mal den Saal umschitten, ausgeführt [Dieser πηδηχτός entspricht genau dem Πυρρίχης, da er in den Provinzen wo keine Türken sind, wie z. B. in Sphakia, gleichfalls mit Waffen getanzt wird (Vide Pashley l. c. und Dapper déscript. des isles d’Archipel)].
3) Der dritte ist ein Tanz ganz besonderer Art. Erst wenn der gewandte Tänzer durch den Cretensischen Wein etwas lustig geworden ist, beginnt dieser höchst eigenthümliche Tanz: anfänglich in fast sitzender Stellung (höchst mühsam für den Tänzer) tanzend, schlägt er beständig die Füsse an einander und spuckt unter furchtbaren Zischen nach den Umstehenden. Hierauf bald den einen, bald den andern Fuss rückwärts erhebend, schlägt er dieselben so stark er nur kann an einander und endlich nachdem er dieses alles als Vorbereitung gethan hat, reisst er seine Serveta (Kopfbedeckung) vom Kopfe, und mit entblösstem Haupte (eine auffallende Erscheinung in diesen Ländern [Es ist eine bekannte orientalische, auch von den Griechen angenommene Sitte, den Kopf nie zu entblössen, am wenigsten in einer Gesellschaft, und Siber (Reise nach der Insel Creta Bd. I. S. 204.) sagt davon: “Vor Jemand den Kopf zu entblössen, zeigt von einem hohen Grade von Unhöflichkeit und Mangel an Erziehung”] stellt er sich zwischen die lange Chor-Reihe, erfasst die Gürtel der beiden anführenden Männer, diese greifen in den seinigen und auf solche Weise verbunden, schwenkt er sich mehrere Male um seine Achse; glaubt er auf seine Hände allein sich nicht verlassen zu können, so befestigt er einen langen starken Stab an seinen Gürtel und indem die Chorführer denselben halten, macht er das angegebene Manöver.
Von Diesem Tanze lesen wir in einem alten Bruchstücke (Bartholomaeus Edess. in le Hayn, Var. caer. pag. 339) οιΦοράκιδεςορχούνταιασκεπείςκούτουλοι [κούτουλος bedeutet im Cretensischen Dialect, ein hörnerloses Schaaf oder Ziege, auch wird die blosse Stirn μέτωπον des Menschen κούτελον genannt] καιορχούνταικαικαταπίπτουσινενταλαμένεικαιαφρίζουσιν; ferner Lobeck Aglaophamus II. 1153.
4) Πεντοζαλίτης (fünfschrittiger Tanz) wird ein anderer, in den östlichen Provinzen Cretas, in Lasithe und Knossos einheimischer, Tanz gennannt. Die Art dieses Tanzes, welcher nichts anders als die αυτοδαήορχήματα des Sophocles [Sophocles Ajax v. 693-99.
Εφριξ' έρωτι, περιχαρήςδ' ανεπτόμαν.
ιώ, ιώ, Πάν, Πάν,
ω Πάν, Πάν αλίπλαγκτε, Κυλλανίας χιονοκτύπου
πετραίας από δειράδος φάνηθ', ω
θεών χαροποί άναξ, όπως μοι
Νύσια Κνώσι ορχήματ΄ αυτοδαή
ξυνών 'ιάψης.]
ist, vermag Niemand uns besser zu schlildern, als Homer in folgender Schilderung es thut, wo er diesen Nationaltanz, wie er vor so vielen Jahrtausenden in dieser Provinz getanzt wurde, in seiner ganzen Anordnung darstellt.
Einen Reigen auch schlang der binkende Feuerbeherrscher,
Jenem gleich, wie vordem in der weitbewohneten Knossos
Dädalos künstlich ersann der lockigen Ariadne.
Blühende Jünglinge dort und vielgefeierte Jungfrau’n
Tanzeten, all’einander die Händ’ an dem Knöchel sich haltend.
Schöne Gewand’ umschlossen die Jünglinge, hell wie des Oeles
Sanfter Glanz, und die Mädchen verhüllete zarte Leinwand.
Jegliche Tänzerin schmückt ein lieblicher Kranz, und den Tänzern
Hingen goldene Dolch’ an silbernen Riemen herunter.
Bald dann hüpften jene mit wohlgemessenen Tritten
Leicht herum, so wie oft die befestigte Scheibe der Töpfer
Sitzend mit prüfenden Händen herumdreht, ob sie auch laufe;
Bald dann hüpften sie wieder in Ordnungen gegen einander.
Zahlreich stand das Gedräng’ um den lieblichen Reigen versammelt,
Innig erfreut; vor ihnen auch sang ein göttlicher Sänger
Rührend die Harf’; und zween Haupttummeler tanzten im Kreise,
Wie den Gesang er begann, und dreheten sich in der Mitte [Homer Ilias XVIII. v. 590 fl.
εν δε χορόν ποίκιλλε περικλυτός Αμφιγυήεις,
τω ίκελον, οιόν ποτ' ενί Κνωσσώ ευρείη.
Δαίδαλος ήσκησεν καλλιπλοκάμω Αριάδνη.
ένθα μεν ηίθεοι και παρθένοι αλφεσίβοιαι,
ωρχείντ' αλλήλων επί καρπώ χείρας έχοντες.
των δ' αι μεν λεπτάς οθόνας έχον οι δε χιτώνας
είατο ευνήτους ήκα ςίλβντας ελαίω.
και ρ' αι μεν καλάς ςεφάνας έχον, οι δε μαχαίρας
είχον χρυσείας εξ αργυρέων τελαμώνων.
οι δ' ότε μεν θρέξασκον επιςαμένοισι πόδεσσι
ρεία μαλ', ως ότε τις τροχόν άρμενον εν παλάμησιν
εζόμενος κεραμεύς πειρήσεται αίκε θέησιν
άλλοτε δ' αυ θρέξασκον επί ςίχας αλλήλοισι.
πολλός δ' ιμερόεντα χορόν περιίςαθ' όμιλος
τερπόμενοι, δοιώ δε κυβιςητήρε κατ' αυτούς
μολπής εξάρχοντες, εδίνευον κατά μέσσους